Beratungsstellen für Gewaltprävention
Für Menschen – Gegen Gewalt
Gewalt ist ein Problem in und von unserer Gesellschaft. Die Folgeschäden von gewaltsamen Übergriffen sind für Betroffene und ihr Umfeld oft über Jahre oder über ein ganzes Leben spürbar. In unserer Arbeit lehnen wir die Gewalttat ab, nicht aber den Menschen, der sie ausübt. Denn wir sind der Meinung, dass gewalttätiges Verhalten veränderbar ist.
Opferschutz und Täterarbeit
Am Anfang steht ein Streit, eine Drohung oder eine Handlung, die dramatisch eskaliert. Die Polizei wird gerufen und deeskaliert die Situation. Gegen den Gewaltanwender (meist sind es Männer) kann ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen werden. In der Folge kann das Gericht gegen den Gewaltanwender eine einstweilige Verfügung erlassen. Die Beruhigung steht im Mittelpunkt der Intervention. Danach gilt es diese Situation abzusichern, um einen Rückfall zu vermeiden – und damit einen wirksamen Opferschutz zu leisten. Opferschutz ist entscheidend, aber ohne Täterarbeit würde man eine potenzielle weitere Gefährdung vernachlässigen.
Betretungs- und Annäherungsverbot und Krisenhilfe
Personen, gegen die nach § 38a Sicherheitspolizeigesetz 2019 ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, befinden sich in einer krisenhaften Situation. Oft fühlen sie sich ungerecht behandelt, ohne Unterstützung und in ihren eskalierten Emotionen geben sie der Partnerin beziehungsweise dem Partner, dem Opfer, die Schuld für diese Situation und nähren so ihre Gewaltphantasien. Dahinter stehen aber oft auch Scham, Reue oder Angst vor Trennung.
In dieser existentiellen, emotionalen und vor allem für das betroffene Umfeld gefährlichen Krise bleibt die Person sich selbst überlassen. Oft sind auch Dokumente, Kleidung und Unterkunft nicht mehr verfügbar. Strafanzeigen wegen gefährlicher Drohung, Körperverletzung, Sachbeschädigung et cetera folgen meist, aber nicht immer, da das Betretungs- und Annäherungsverbot strafrechtlich relevantes Verhalten nicht zur Voraussetzung hat.
Gleichzeitig eignet sich diese Situation aber auch als Neuanfang (window of opportunity). Dafür braucht es aber eine Unterstützung bei der Reflexion der erzeugten Gefährdung beziehungsweise Gewaltanwendung. Nur so können nachhaltige Verhaltensänderungen also Alternativen zur Gewaltanwendung iniitiert werden.
Neuanfang und Gewaltprävention
Die Beratungsstellen für Gewaltprävention – Sozialarbeiter:innen – unterstützen gewalttätige Menschen mit Rat und Tat. Ein wirksamer Schutz vor Gewalt kann nur in einer persönlichen Konfrontation des:der Gewaltanwenders:in mit den Folgen seiner Tat erreicht werden. Gemeinsam wird an der Bewältigung der Stresssituation gearbeitet und Schritte zur sofortigen Beendigung der Gewalthandlung gesetzt. In Einzelgesprächen werden neue Formen mit Konflikten und Aggressionen gewaltfrei umzugehen, erarbeitet. Der wirksame Schutz vor Gewalt kann nur in einer persönlichen Konfrontation der weggewiesenen Person mit den Tatfolgen und dem Eröffnen von Möglichkeiten zur Veränderung seiner Konfliktmuster erreicht werden.
Die Person, gegen die ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, ist verpflichtet, sich binnen fünf Tagen mit einer Beratungsstelle für Gewaltprävention in Verbindung zu setzen, um einen längstens binnen 14 Tagen nach Kontaktaufnahme stattfindenden Termin für eine Gewaltpräventionsberatung zu vereinbaren.
Meldet sich die weggewiesene Person nicht bei der Beratungsstelle für Gewaltprävention oder nimmt er:sie an der Beratung nicht (aktiv) teil, so hat die Beratungsstelle für Gewaltprävention die Sicherheitsbehörde darüber zu informieren. Durch die Nichtkontaktaufnahme beziehungsweise Nichtteilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung verwirklicht der:die Betroffene eine Verwaltungsübertretung, die eine Bestrafung nach sich zieht.
Personen, gegen die zum Schutz vor Gewalt in Wohnungen oder zum allgemeinen Schutz vor Gewalt eine einstweilige Verfügung gemäß §§ 382b und/oder c EO erlassen wurde (und die noch nicht an einer Gewaltpräventionsberatung nach § 38a SPG teilgenommen haben) können vom zuständigen Gericht ebenfalls zu einer Gewaltpräventionsberatung verpflichtet werden. Sollte die einstweilige Verfügung eine solche Verpflichtung beinhalten, sind die Betroffenen ebenfalls verpflichtet, binnen fünf Tagen mit der zuständigen NEUSTART-Einrichtung des jeweiligen Bundeslandes Kontakt aufzunehmen um einen längstens binnen 14 Tagen nach Kontaktaufnahme stattfindenden Termin für eine Gewaltpräventionsberatung zu vereinbaren.
(im Jahr 2023)
Wie wir helfen
Die NEUSTART Beratungsstelle für Gewaltprävention bietet Unterstützung an. In drei bis vier Beratungsterminen innerhalb von längstens sechs Wochen werden Schritte zur Klärung der Lebenssituation bearbeitet:
- Beruhigung und Bewältigung der akuten Stresssituation
- Sofortige Beendigung der Gewalthandlungen
- Erkenntnisgewinn, dass Gewalt kein Kavaliersdelikt ist
- Klärung welche Anlässe zu Aggression und Gewalt geführt haben
- Entwicklung neuer Formen, wie in Zukunft mit Konflikten gewaltfrei umgegangen werden kann
- Klärung der Situation am Arbeitsplatz und/oder Wohnsituation
- Wege aus der Gewaltspirale und Start eines Neuanfangs
- Lösungsorientierte Gestaltung des Umgangs mit Polizei und Gewaltschutzeinrichtungen
- Informationsweitergabe über die rechtlichen Folgen der Handlung (Betretungsverbot, Annäherungsverbot, Obsorge, Besuchsrecht, et cetera)
- Kontakte zu weiteren Beratungseinrichtungen
Beratungsstellen für Gewaltprävention
NEUSTART Beratungsstelle für Gewaltprävention Wien
Tel. +43 1 2183255 1016
beratungsstelle.wien@neustart.at
NEUSTART Beratungsstelle für Gewaltprävention Niederösterreich
Tel. +43 2742 77475 2600
beratungsstelle.niederoesterreich@neustart.at
NEUSTART Beratungsstelle für Gewaltprävention Burgenland
Tel. +43 2742 77475 2600
beratungsstelle.burgenland@neustart.at
NEUSTART Beratungsstelle für Gewaltprävention Steiermark
Tel. +43 316 820234
beratungsstelle.steiermark@neustart.at
NEUSTART Beratungsstelle für Gewaltprävention Oberösterreich
Tel. +43 732 74956 4646
beratungsstelle.oberoesterreich@neustart.at
Verein NEUSTART im Auftrag des Bundesministeriums für Inneres
Blogbeiträge zum Thema
Ruhm und Ehre in der Prävention
Eine Erkenntnis aus der Zeit der Pandemie bleibt uns in Erinnerung: „There is no glory in prevention“. Ähnlich ist es bei Gewaltschutz. Auch wenn zahlreiche Maßnahmen in Österreich umgesetzt werden und die Expert:innen des Gewaltschutzes überzeugt sind, dass vieles gelingt, bleibt oft der ernüchternde Blick auf die viel zu hohe Zahl an Femiziden.
Verfassungskonform!
Der österreichische Verfassungsgerichtshof prüfte, unter anderem, die Bestimmungen im Sicherheitspolizeigesetz, welche die Gewaltpräventionsberatung festlegen, und kam zu dem Ergebnis, dass die vorbeugende Maßnahme der Gewaltpräventionsberatung zum Schutz der Rechte anderer erforderlich und verhältnismäßig ist.
Meistern von Frust und Impulsen in den Feiertagen
Verbranntes Festtagsessen, lieblose Geschenke, nörgelnde Verwandtschaft?! Die Feiertage sind nicht immer nur eine entspannte Zeit. Was den meisten darüber hinweghilft, sind Frustrationstoleranz und Impulskontrolle. Lässt sich nicht verpacken, aber üben.
Die Istanbul-Konvention: Was ist das eigentlich?
Auf die Istanbul-Konvention wird im Diskurs zu häuslicher Gewalt häufig verwiesen. Schauen wir anlässlich der derzeit stattfindenden „16 Tage gegen Gewalt“ einmal genauer darauf.
Erlebte Gewalt von Kindern – ein genauerer Blick ist notwendig
„Ich habe sie eh nur geschlagen, wenn die Kinder geschlafen haben“. Ein leider oft gehörter Satz, der vor allem eines ist – nämlich falsch!
Gewalt ans Licht bringen – Opferschutzgruppen in Krankenanstalten
Die Opferschutzgruppen in den österreichischen Krankenanstalten sind, obwohl zumeist nicht im breiten Blickpunkt der Öffentlichkeit, ein wichtiges Instrument im Gewaltschutz…
Broschüren und Informationen in verschiedenen Sprachen finden Sie unter Downloads.