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#TeamNEUSTART: Stefanie Kaiser

Stefanie Kaiser wollte als ehrenamtliche Bewährungshelferin eigentlich „Mamas helfen“ und in erster Linie Frauen betreuen – gekommen ist es anders. Zum Glück, wie sie findet…

Bitte stell dich kurz vor. In welcher Region und seit wann engagierst du dich als ehrenamtliche Bewährungshelferin?
Mein Name ist Stefanie Kaiser, ich bin 34 Jahre alt und lebe und arbeite in Salzburg Umgebung. Ich bin seit April 2022 bei NEUSTART.

Warum hast du dich für dieses Ehrenamt entschieden? Was gefällt dir daran am besten?
Eigentlich wollte ich ja schon immer etwas im Sozialbereich machen, allerdings habe ich keine entsprechende Ausbildung gemacht. Eine Freundin hat mir dann von einer anderen Freundin erzählt, die ehrenamtliche Bewährungshelferin ist und meinte, dass das vielleicht auch etwas für mich ist. Ich habe mich dann eingelesen und mir gleich gedacht: Ja, das passt. Nach meiner Bewerbung habe ich zwei Stunden mit meinem jetzigen Teamleiter telefoniert und es hat wirklich gleich gepasst.

Und was machst du hauptberuflich?
Ich bin in der Erwachsenenbildung unter anderem im Bereich Kursmanagement tätig. Dort bin ich zuständig für verschiedene Kursmaßnahmen.

Wie ergänzen sich dein Ehrenamt und Hauptberuf gegenseitig? Profitiert das eine vielleicht sogar vom anderen?
Die Kommunikation und der Umgang mit den verschiedensten Menschen liegen mir einfach und das merke ich im Hauptberuf genauso wie im Ehrenamt. Auch wenn beides also nicht unmittelbar miteinander zu tun hat, brauche in beiden Bereichen ein gewisses Gespür für die Leute.

Was sagt dein Umfeld dazu, dass du ehrenamtliche Bewährungshelferin bist? Welche Rückmeldungen bekommst du, wenn du davon erzählst?
Viele wissen das ehrlich gesagt gar nicht. Mein engeres Umfeld, also Freund:innen und Familie, findet es aber super. Viele finden es sogar so spannend, dass sie sich inzwischen selbst vorstellen können, Ehrenamtliche zu werden. Manche hatten aber schon Sorge, ob das nicht gefährlich ist. Ehrlich gesagt war ich am Anfang selbst auch etwas unsicher. Ich hatte aber wirklich noch nie, nicht ein einziges Mal, ein ungutes Gefühl.

Wie viele Klient:innen begleitest du derzeit?
Fünf. Ich bin damals mit drei Klienten eingestiegen, seit einem Jahr begleite ich aber immer fünf. Derzeit fünf Männer im Alter zwischen 19 und 25 Jahren.

Gibt es Klient:innen-Typen mit denen du besonders gerne und konstruktiv arbeitest? Also liegen dir bestimmte demografische Gruppen oder Delikt-Arten mehr als andere?
Das ist ganz spannend: Vier von fünf meiner Klienten haben ein Drogenproblem. Eigentlich wollte ich, weil ich selbst überwiegend alleinerziehend bin, Mamas helfen, Frauen und Mütter unterstützen – weil ich dachte, damit kann ich mich identifizieren. Ich hätte nie gedacht, dass mir die Arbeit mit Menschen mit Suchtproblemen liegt. Inzwischen ist mir das aber sogar am liebsten. Ich arbeite sehr, sehr gerne mit meinen Klienten, habe mich viel eingelesen und finde das Thema Sucht einfach interessant. Drogensucht, Spielsucht, … Ich habe das ja früher überhaupt nicht verstanden. Meine Meinung dazu hat sich durch das Ehrenamt komplett geändert, auch zum Thema Haft allgemein. Inzwischen weiß ich, dass es schnell gehen kann, dass uns allen passieren kann, dass wir in eine Situation kommen, wo wir einen Fehler machen.

Gibt es so etwas wie eine typische Betreuungssituation? Wie laufen die Termine mit deinen Klient:innen ab?
Ganz unterschiedlich. Die meisten Termine finden zwar im Büro statt aber manchmal ergibt sich auch ein Besuch am Heimweg von der Arbeit, wo ein Klient von mir wohnt, dem das sehr hilft. Da kann ich ihn auch gleich um Aufräumen motivieren, wenn es wieder mal sehr „ausschaut“ bei ihm (lacht). Die meisten wollten sich am Anfang erst einmal im Büro treffen, weil sie nicht draußen mit ihrer Bewährungshelferin gesehen werden wollten. Inzwischen gehe ich mit einem aber fast immer spazieren, weil er sich da besser öffnen kann. Wir sitzen dann im Park in der Nähe vom Büro, wo man nett sitzen und ungezwungen plaudern kann. Da tut er sich einfach leichter.

Was sind die größten Herausforderungen in der Arbeit mit Straffälligen?
Vertrauen schaffen. Das hatte ich bei all meinen Klienten. Nach zwei bis drei Monaten geht es dann von alleine, dann öffnen sie sich. Bei meinen Klienten ist es ja vom Alter her so, dass sie „coole Typen“ sind, die die Begleitung durch die Bewährungshilfe ja „gar nicht brauchen“. Ich weiß noch genau wie der Klient, der mich inzwischen jede Woche anruft, am Anfang gesagt hat: „Wieso soll ich mit dir überhaupt telefonieren, dafür habe ich ja Freunde“. Dass er mir jetzt so vertraut, ist wirklich ein Erfolgserlebnis. Früher war er mit einer Gruppierung unterwegs, die große Drogengeschäfte gemacht hat, heute führt er ein stabiles Leben, hat eine Freundin, … kurz stand sogar im Raum, dass wir beantragen, die Bewährungshilfe vorzeitig zu beenden. Er wollte aber von selbst noch das verbleibende halbe Jahr fertig machen, weil er gemerkt hat, dass ihm die Begleitung hilft.

Woran merkst du ganz konkret, dass deine ehrenamtliche Arbeit etwas bewirkt?
Bei der Deliktverarbeitung stellen wir den Klient:innen die Frage, was das langfristig positive Ergebnis ihres Delikts war. Diese Frage zielt darauf ab, dass sie erkennen, dass das Delikt keine positiven Folgen hat. Vier von fünf meiner Klienten haben aber geantwortet, dass es sie zur Bewährungshilfe gebracht hat. Sie merken, dass sie sich auf mich verlassen können, wobei ich sagen muss, dass ich auch ein bisschen ein Helfersyndrom habe (lacht). Sie sehen, dass sie die Bewährungshilfe dabei unterstützt, straffrei zu bleiben. Ich schaue auch, dass meine Klienten nach Abschluss der Betreuung eine Perspektive haben. Einer von ihnen hat nämlich niemanden außer mich, da sind wir gerade auf der Suche nach Gruppen für die Zeit danach, wo er Anschluss findet, damit er nicht wieder straffällig wird, nur um wieder Bewährungshilfe zu bekommen. Ein anderer ist in Frühpension, da war die Herausforderung, wieder eine Struktur zu finden. Er arbeitet inzwischen geringfügig und gestaltet seine Freizeit sinnvoll, er macht zum Beispiel gerade einen Malkurs.

Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job und Ehrenamt? Was machst du in deiner Freizeit?
Ich gehe gerne mit meinem Sohn und meinem Lebensgefährten auf den Berg und Reise viel und gerne, ich bin ja eigentlich gelernte Reiseveranstaltungskauffrau. Mit Kind gibt es immer etwas zu tun, zum Beispiel Freizeitparkbesuche.

Gibt es sonst noch etwas, das du mit unseren Leser:innen teilen möchtest?
Ja, ich habe diesen Spruch gefunden, der finde ich sehr gut zu unserer Arbeit passt – leider weiß ich nicht, von wem er ist: „Jede:r macht Fehler, dass bedeutet aber nicht, dass man für den Rest des Lebens für diese Fehler bezahlen muss, manchmal treffen sehr gute Menschen schlechte Entscheidungen, das bedeutet aber nicht, dass sie schlechte Menschen sind, das bedeutet nur, das sie Menschen sind.“

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

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