Bitte stell dich kurz vor.
Mein Name ist Stefan Mair, ich bin 39 Jahre alt und wohne in Tirol.
In welcher NEUSTART Einrichtung und welchem Bereich arbeitest Du? Seit wann bist du bei NEUSTART?
Ich bin seit 1. Mai 2023 bei NEUSTART Tirol in Innsbruck und Imst und arbeite in den Bereichen elektronisch überwachter Hausarrest und Bewährungshilfe.
Warum hast du dich für NEUSTART als Arbeitgeber entschieden?
Ich habe zuvor achteinhalb Jahre im Sozialen Dienst in der Justizanstalt Innsbruck gearbeitet und lernte dabei die Arbeit von NEUSTART als Systempartner kennen. Die vielen Tätigkeitsbereiche, die Abwechslung und die Herausforderung, mit unseren Klient:innen auch „draußen“ zu arbeiten waren die Hauptgründe für meine Bewerbung bei NEUSTART.
Was hast Du in der Justizanstalt ganz konkret gemacht?
Im Sozialen Dienst der Justizanstalt Innsbruck war ich in mehren Bereichen tätig. Ich war, neben der Betreuung der Häftlinge, unter anderem für die Maßnahmenabteilung nach §22 StGB, die Jugendabteilung und die Freigänger:innenabteilung zuständig. Die Aufgaben umfassten die Insass:innen von der Inhaftierung bis zur Entlassung zu begleiten, sie zu beraten, Kontakt zu Angehörigen zu halten und sie bei der Regelung ihrer Angelegenheiten zu unterstützen.
Mit welchen Delikten, mit welchen Täter:innengruppen, warst du dort konfrontiert?
Vor allem in der Untersuchungshaft hatte ich mit jeder Täter:innengruppe Kontakt. Vom Diebstahl bis zum Mord habe ich ein breites Spektrum an Täter:innen kennengelernt.
Wie hat dich diese Tätigkeit auf die Arbeit bei NEUSTART vorbereitet?
Als ich bei NEUSTART begonnen habe, konnte ich auf meine Erfahrung mit demselben Klientel zurückgreifen. Es macht allerdings einen enormen Unterschied mit den Klient:innen außerhalb der Justizanstalt zu arbeiten, weil sich viele im Setting der Bewährungshilfe offener zeigen. Meine Vorerfahrungen aus der Justizanstalt fühlen sich wie ein gutes Fundament für NEUSTART an. Auch wenn es noch enorm viel zu lernen gibt. Ich genieße die Arbeit mit der ähnlichen Klientel außerhalb des Systems Gefängnis.
Worin unterscheiden sich unsere Klient:innen „draußen“ von den Straffälligen, mit denen du „drinnen“ gearbeitet hast?
Der größte Unterschied ist meiner Meinung nach, dass man die Klient:innen in der Bewährungshilfe besser kennen lernt. Das hat mehrere Gründe. Zum einen erlebt man sie bei NEUSTART in ihrem Alltag und in ihrer Lebenswelt und lernt sie so „ungeschminkter“ kennen als in der „Parallelwelt“ Justizanstalt, zum anderen ist der Kontakt viel intensiver und fokussierter. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich Klient:innen „drinnen“ und „draußen“ sein können – bisher vor allem im positiven Sinne.
Was meinst du, muss (Gefängnis-)Strafe sein?
Eine sehr schwierige Frage. Ich denke, dass vor allem das System Gefängnis, wie ich es in Österreich erlebt habe, selten zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung führt. Aus Opfersicht oder auch aus emotionaler Perspektive ist „Gerechtigkeit“ oder „Bestrafung“ natürlich nachvollziehbar. Persönlich würde ich mir mit dem System Justiz einen sachlicheren Umgang wünschen, wie bei vielen anderen Themen auch. Ich denke, dass Delinquenz immer ein Zeichen für Schieflagen in einer Gesellschaft ist und dass es viel über die jeweilige Gesellschaft aussagt, wie sie damit umgeht.
Was gefällt dir an deiner jetzigen Arbeit am besten?
Ich habe jetzt keine Gitterstäbe mehr vor meinem Bürofenster (lacht). Ich schätze den fachlichen Austausch mit den Kolleg:innen und Vorgesetzten sehr und genieße die freie Zeiteinteilung. Es ist sehr schön, die Möglichkeit zu haben, qualitativer zu arbeiten.
Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?
Nichts zu vergessen, den Überblick zu behalten und vor allem eine lange Betreuungsbeziehung zu gestalten.
Wo hast du gesehen, dass deine Arbeit etwas bewirkt?
Ich denke in Gesprächssituationen, wenn man vermitteln kann, dass das Gegenüber gehört wird, beziehungsweise, wenn man es schafft, dass ein:e Klient:in ein anderes Handlungsmuster entwickelt als bisher.
Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job?
Ich gehe gerne wandern, ich fotografiere und schaue gerne Filme und Serien.
Gibt es sonst noch etwas, das du mit deinen Kolleg:innen teilen möchtest?
Den Kolleg:innen in Innsbruck möchte ich gerne danken, dass Sie mich so herzlich aufgenommen haben und trotz der vielen Arbeit immer ein offenes Ohr für Fragen haben. Ich freue mich darauf, in den kommenden Lehrgängen auch andere Kolleg:innnen aus den verschiedenen Standorten kennenzulernen.