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#TeamNEUSTART: Peter Schober

Er selbst hat sich über die Jahre im Ehrenamt verändert, sagt Peter Schober und das gilt auch für seine Klient:innen. Eines bleibt für ihn aber immer gleich, nämlich der hohe Stellenwert, den sein Engagement für ihn hat…

Bitte stell dich kurz vor. In welcher Region und seit wann engagierst du dich als ehrenamtlicher Bewährungshelfer?
Ich heiße Peter Schober, wohne in Feldkirch in Vorarlberg und bin seit mehr als 20 Jahren Ehrenamtlicher bei NEUSTART Vorarlberg in der Ortsgruppe Feldkirch. „Mehr als“, weil es eigentlich schon fast 30 sind, dazwischen gab es aber eine Unterbrechung von ein paar Jahren.

Warum hast du dich für dieses Ehrenamt entschieden? Was gefällt dir daran am besten?
Damals hat eine Bekannte von mir gerade bei NEUSTART begonnen. Sie war quasi „frischgebackene“ Sozialarbeiterin und hat mir immer wieder davon erzählt, wie es hier so läuft und ja … das hat mich einfach interessiert und ich habe als Ehrenamtlicher begonnen. Am besten gefällt mir daran die Abwechslung: Ich habe es immer noch mit immer neuen Situationen zu tun und schätze, dass die Arbeit sehr individuell gestaltbar ist. In der Bewährungshilfe muss man, bei aller Abwechslung und allem Drumherum, ein „ruhender Pol“ sein und konsequent ruhig bleiben – das liegt mir.

Und was machst du hauptberuflich?
Mittlerweile bin ich in Pension. Ich habe während meiner ganzen Zeit als Ehrenamtlicher hauptberuflich mit Kindern und Jugendlichen in schwierigen Situationen gearbeitet, zum Beispiel mit Drogensüchtigen in einem Reha-Zentrum und in einem internationalen Kinderdorf in der Schweiz. Mit den Kolleg:innen von damals bin ich noch in Kontakt und das finde ich sehr schön. Von meiner Grundausbildung her war ich Volksschullehrer, war aber – etwa gleich lange wie in der Volksschule – als Sozialpädagoge in der Schweiz beschäftigt. Das ging damals noch leichter. Es gab noch keine spezifische Ausbildung für diesen Bereich und meine pädagogische Grundausbildung wurde anerkannt.

Wie ergänzen sich dein Ehrenamt und Hauptberuf gegenseitig? Profitiert das eine vielleicht sogar vom anderen?
Ich denke schon. Viele meiner Erfahrungen konnte ich ins Ehrenamt mitnehmen, gerade was die Vorgehensweise betrifft, die ja doch ähnlich ist. Also ja, mein Hauptberuf hat mir schon geholfen und ich habe mir auch selbst weitere Ausbildungen „gegönnt“, von denen beides profitiert hat. Zum Beispiel im Bereich psychosoziale Beratung und Krisenintervention, außerdem habe ich eine Mediationsausbildung absolviert. Bei all diesen Ausbildungen hat mir die internationale Ausrichtung gefallen, einiges war natürlich auch länderspezifisch, ich musste mich ja in zwei Systemen zurechtfinden. Die Inputs aus beiden Ländern waren sehr bereichernd.

Was sagt dein Umfeld dazu, dass du ehrenamtlicher Bewährungshelfer bist? Welche Rückmeldungen bekommst du, wenn du davon erzählst?
Ich streue diese Information eigentlich nicht sehr breit, meine Kinder wissen aber natürlich schon Bescheid und schätzen mein Engagement. Ja, die finden gut, was ich da mache.

Wie viele Klient:innen begleitest du derzeit?
Derzeit drei junge Männer.

Gibt es Klient:innen-Typen mit denen du besonders gerne und konstruktiv arbeitest? Also liegen dir bestimmte demografische Gruppen oder Delikt-Arten mehr als andere?
Ich hatte eigentlich immer nur männliche Klienten, das habe ich mir aber nicht ausgesucht, das hat sich so ergeben. Ich kann mir auch die Arbeit mit Klientinnen gut vorstellen. Die Delikte waren und sind dabei komplett unterschiedlich. Auch meine drei derzeitigen Klienten sind grundverschieden, bei denen ist wirklich nichts gleich (lacht). Das ist ja genau das spannende, sich in ihre Lebenswelten hineinzudenken. Sie alle haben Gründe für ihr Verhalten und Glaubenssätze, die sie verinnerlicht haben – damit zu arbeiten, finde ich sehr interessant.

Gibt es so etwas wie eine typische Betreuungssituation? Wie laufen die Termine mit deinen Klient:innen ab?
Ich habe mich in den vergangenen Jahren mehr und mehr dazu entschieden, die Betreuungssituation „ernster“ zu gestalten, insofern als ich alle Termine, außer es lässt sich nicht vermeiden, in der Dienststelle mache. Das gibt dem Ganzen einfach einen ernsthaften Rahmen ohne Ablenkungen, im Gegensatz zu einem Café zum Beispiel. In diesem Setting kann man sich besser konzentrieren, das gilt für mich genauso wie für mein Gegenüber und wird von meinen Klienten gut angenommen. Ein schöner Nebeneffekt ist der Kontakt mit den hauptberuflichen Kolleg:innen vor Ort. Dort spüre ich, dass ich auch als Ehrenamtlicher genauso zum Team gehöre. Diesen Austausch schätze ich sehr.

Was sind die größten Herausforderungen in der Arbeit mit Straffälligen?
Die größte ist sicher, Tateinsicht zu schaffen. Also, dass Klient:innen ihre Tat nicht auf andere Faktoren schieben. Gerade bei Drogensüchtigen ist es ja oft so, dass sie eine Entschuldigung für ihren Konsum haben, eine Ausrede – Todesfälle im Umfeld, eine familiäre Krise, … Ja, das spielt natürlich eine Rolle, aber: Letztendlich ist es immer ihre eigene, ihre ganz, ganz persönliche Entscheidung, wie sie handeln. Dass sie das sehen und sich selbst eingestehen können, ist schon eine große Herausforderung. Was noch? Also bei 99,9 Prozent meiner Klienten ist es so, dass sie pünktlich und zuverlässig zu ihren Terminen kommen, einer sagt mir aber immer wieder ab oder muss Termine kurzfristig verschieben und findet Ausreden dafür. Mit viel Geduld schaffe ich, dass es auch mit ihm immer irgendwie klappt aber das ist mühsam und kostet Kraft.

Woran merkst du ganz konkret, dass deine ehrenamtliche Arbeit etwas bewirkt?
Daran, dass sie es schaffen, die Zeit der Bewährungshilfe ohne neues Delikt hinter sich zu bringen oder wenn ich sie nach langer Zeit wieder treffe und sie mir von ihrem Leben berichten. Da haben viele wirklich eine sehr, sehr gute Entwicklung geschafft. Das ist toll, das freut mich jedes Mal.

Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job und Ehrenamt? Was machst du in deiner Freizeit?
Alles Mögliche (lacht). Ich bin sportlich, also E-Bike fahren, Schwimmen, Schifahren… und ganz wichtig: Reisen! Eine neue Umgebung ist immer bereichernd. Vergangenen April erst sind wir zu zweit mit dem E-Bike durch Norditalien gereist, von Tarvis bis Venedig und Verona. Beim Reisen tanke ich Kraft und gewinne neue Eindrücke.

Gibt es sonst noch etwas, das du mit unseren Leser:innen teilen möchtest?
Jede noch so kleine Sache kann viel bewirken. Ich denke da an das berühmte Beispiel mit dem Flügelschlag eines Schmetterlings, der am anderen Ende der Welt etwas auslöst. Alles, was wir in Menschen – in Beziehung und Begegnung – investieren, ist nicht umsonst, es geht nicht verloren.

Peter war so lieb, ein ganz persönliches Erinnerungsstück aus seiner ehrenamtlichen Vergangenheit mit uns zu teilen: Seinen alten Dienstausweis. Ein Stück NEUSTART Geschichte!

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

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