Bitte stell dich kurz vor. In welcher Region und seit wann engagierst du dich als ehrenamtliche Bewährungshelferin?
Ich heiße Karin Artner, bin 63 Jahre alt und seit 1982 Ehrenamtliche bei NEUSTART, damals noch VBSA (Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit).
Warum hast du dich für dieses Ehrenamt entschieden? Was gefällt dir daran am besten?
Ich bin früh (1980) Mutter geworden und wollte meinen Berufswunsch trotzdem verwirklichen. Am besten gefällt es mir, mit Menschen zu arbeiten. Ich wollte immer schon einen Ausgleich schaffen und Defizite verringern soweit das möglich ist.
Und was machst du hauptberuflich?
Ich war Büroangestellte in einer Consultingagentur mit Seminarbetrieb und bin seit November 2019 in Pension.
Wie ergänzen sich dein Ehrenamt und ehemaliger Hauptberuf gegenseitig? Profitiert das eine vielleicht sogar vom anderen?
Nicht unmittelbar, allerdings ist jede Erfahrung, die ich im Kontakt mit Menschen sammeln konnte, für mich ein Gewinn.
Was sagt dein Umfeld dazu, dass du ehrenamtliche Bewährungshelferin bist? Welche Rückmeldungen bekommst du, wenn du davon erzählst?
Es wird mit Interesse wahrgenommen und oft nachgefragt, ob ich denn keine Angst hätte. Das war tatsächlich noch nie der Fall. Es ist immer wieder hilfreich in Gesprächen, dass ich auch von den Arbeitsfeldern der hauptamtlichen Bewährungshelfer:innen berichten kann. Sehr wenige Menschen wissen darüber Bescheid was bei NEUSTART alles geleistet wird – Bewährungshilfe, Anti-Gewalt-Trainings, Gewaltpräventionsberatung…
Wie viele Klient:innen begleitest du derzeit?
Drei.
Gibt es Klient:innen-Typen mit denen du besonders gerne und konstruktiv arbeitest? Also liegen dir bestimmte demografische Gruppen oder Delikt-Arten mehr als andere?
Obwohl es immer angenehmer und einfacher ist mit Klient:innen zu arbeiten, die die Unterstützung gleich annehmen, waren es in der Vergangenheit oft gerade jene Klient:innen, bei denen die Betreuung schleppend und mühsam gegen deren Widerstand begonnen hat, die später dann besonders positiv und erfolgreich verlaufen sind. Sehr gerne betreue ich Klientinnen.
Gibt es so etwas wie eine typische Betreuungssituation? Wie laufen die Termine mit deinen Klient:innen ab?
Betreuungssituationen erlebe ich so unterschiedlich wie die Klient:innen mit ihren individuellen Bedürfnissen. Grundsätzlich versuche ich eine ruhige und wertschätzende Atmosphäre zu schaffen und das aktuelle Befinden zu erfragen. Das ist immer Ausgangspunkt für den weiteren Verlauf des Gespräches und somit der Arbeit.
Was sind die größten Herausforderungen in der Arbeit mit Straffälligen?
Sowohl die Hürden zu überwinden die es in der Gesellschaft gegenüber Straffälligen gibt als auch die Vorbehalte der Klient:innen der Gesellschaft und Institutionen gegenüber.
Woran merkst du ganz konkret, dass deine ehrenamtliche Arbeit etwas bewirkt?
Wenn es Klient:innen gelingt ihre Lebenssituation zu verbessern und/oder zu stabilisieren. Manchmal daran, dass sie offener werden für andere Sichtweisen und vielleicht sogar festgefahrene Einstellungen ändern.
Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job und Ehrenamt? Was machst du in deiner Freizeit?
Ich lese viel und gerne, treibe mich in Museen herum und besuche oft Theater-, Konzert- und Kabarettvorstellungen. Außerdem wandere ich häufig mit Freund:innen.
Gibt es sonst noch etwas, das du mit unseren Leser:innen teilen möchtest?
Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich in diesem Ehrenamt tätig sein darf. Es ermöglicht mir in Lebenswelten Einblick zu bekommen, die mir sonst verschlossen bleiben würden. Im Gegenzug kann es gelingen, auch den Klient:innen neue Lebenswelten und die damit verbundenen Möglichkeiten näher zu bringen.