Grundsätzlich gilt: das Internet ist kein straffreier Raum. Ein Kommentar ist schnell geschrieben, ein Bild ist schnell geteilt. Auch wenn die Emotionen hochkochen und man verleitet ist, schnell auf „Senden“ zu klicken, sollte man sich vorab einige Fragen stellen:
- Überschreite ich eine strafrechtliche Grenze?
- Diskriminiere ich eine Personengruppe?
- Verbreite ich damit Gerüchte oder Falschinformationen?
- Kategorisiere ich damit? („Wir“ gegen „die Anderen“)?
Wenn eine oder mehrere dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet werden kann, sollte man das Versenden nochmal überdenken, nicht nur, weil man selbst Probleme mit dem Gesetz bekommen könnte, sondern auch weil Hate Speech weitreichende Folgen für die Opfer hat.
Antisemitische Narrative werden oft durch den Deckmantel des „schwarzen Humors“ verbreitet. Dadurch kommt es zu einer Normalisierung und oft auch Banalisierung der Inhalte. Memes – Sprach-Bild-Gefüge – bieten spielerischen Zugang und werden gezielt als Entertainment eingesetzt. Generell ist ein Sprachwandel durch die Online-Kommunikation entstanden.
Mittlerweile gibt es zahlreiche Meldestellen, um Hasspostings zu melden, beispielhaft genannt seien hier:
Was passiert bei „Dialog statt Hass“?
Das NEUSTART Programm „Dialog statt Hass“ richtet sich an Personen, die ein Strafverfahren wegen Verhetzung (§ 283 StGB) anhängig haben. Aber auch andere Delikte bei denen es über elektronische und soziale Medien zu diskriminierenden Äußerungen gekommen ist, können im Rahmen von „Dialog statt Hass“ bearbeitet werden (z. B. § 188 StGB „Herabwürdigung religiöser Lehren“, § 282 StGB „Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen“, § 3 VerbotsG und § 3g VerbotsG bei Delikten, die im Kontext sozialer Medien begangen wurden und wenn keine ideologische Verhärtung und keine Vorverurteilung wegen VerbotsG vorliegt)
Mit den Menschen in Dialog zu treten ist ein erster Ansatz um Haltungen und Narrative kritisch zu hinterfragen, ohne die Person abzuwerten. Neben standardisierten Vorgaben, die aus den vier inhaltlichen Modulen Normverdeutlichung, Deliktverarbeitung, Medienkompetenz und Diskurskompetenz/Perspektivenwechsel bestehen, bietet das Programm auch die Möglichkeit, Betreuungsinhalte individuell an die Thematik anzupassen und sich auf die individuelle Geschichte der Person einzulassen. Die Gespräche finden hauptsächlich im Einzelsetting im vertrauensvollen Rahmen der Bewährungshilfe statt, es werden aber auch Gruppenmodule zu bestimmten Themen angeboten.
Dialog statt Hass – der Name ist Programm. In den eigens entwickelten Modulen des sechs Monate dauernden Programms setzen sich die Täter:innen auf theoretischer und persönlicher Ebene mit Diskriminierung auseinander und lernen strafrechtliche Grenzen der freien Meinungsäußerung kennen.
Durch die gezielte, intensive Auseinandersetzung mit dem Delikt zur Rückfallprävention wird eine Verantwortungsübernahme angeregt sowie sozialkonstruktive alternative Handlungsstrategien erarbeitet. Der eigene Medienkonsum wird reflektiert und Medienkompetenz gestärkt.
Ziel des Programms ist es, ein Bewusstsein für die Art und Wirkung der getätigten Aussagen zu schaffen, bestimmte Methoden zur Meinungsäußerung in nicht abwertender Form zu erlernen sowie Mechanismen von Hass und Ausgrenzung zu erkennen.
Es wird gemeinsam erarbeitet welche Wirkung und auch welche Folgen abwertende Meinungsäußerung haben kann – für die Opfer aber auch für die Täter:innen. Oft haben die Täter:innen eigene Diskriminierungs- oder Opfererfahrungen, wodurch ein Perspektivenwechsel angeregt werden kann.
Um die Auswirkungen von hasserfüllten Äußerungen online oder auch offline auf Personen bzw. Personengruppen zu verdeutlichen braucht es Sensibilisierung und eine Reflexion des eigenen Verhaltens. Respektvoller Umgang auf Augenhöhe und die Menschen und ihre Ängste ernst nehmen – mit dieser Haltung gehen unsere geschulten Sozialarbeiter:innen den ersten Schritt in Richtung Diskurs, frei nach dem Motto: „Red‘ ma drüber!“ – ohne andere zu diskriminieren und zu verletzen.