Jugendkriminalität – von starren Banden zu fluiden Netzwerken

Die Jugendkriminalität in Peer Groups hat sich in den letzten rund 20 Jahren grundlegend verändert. Während früher vor allem klar strukturierte und hierarchisch organisierte Banden im Fokus standen, zeichnet sich heute ein Trend hin zu mobilen und fluiden Gruppen ab.

Spontane kriminelle Gelegenheiten statt starrer Struktur

Die Digitalisierung ist hier ein zentraler Faktor. Soziale Medien, Messenger-Dienste und Online-Foren ermöglichen es Jugendlichen sich schnell, unkompliziert und überregional zu vernetzen. So können sich kurzfristig lose organisierte Gruppen für konkrete Aktionen formieren – und ebenso schnell auch wieder auflösen. Damit wird opportunistisches Verhalten begünstigt: Man nutzt spontan kriminelle Gelegenheiten und kehrt in den Alltag zurück, ohne an die Starre Struktur einer Bande gebunden zu sein.

Durch den Wandel der gesellschaftlichen Lebenswelten – wodurch tendenziell individuelle Freiheit und Flexibilität höher bewertet werden – verlieren langfristige, feste Bindungen bei Jugendlichen zunehmend an Bedeutung. Sie bewegen sich eher in wechselnden sozialen Kontexten und kriminelle Aktivitäten finden dadurch auch häufiger in fluiden, temporären Zusammenschlüssen statt. Die Unbeständigkeit der sozialen Beziehungen spiegelt sich somit in der Struktur der Jugendkriminalität in Peer Groups wider.

Spannenderweise führen auch effektivere Strategien der Polizeiarbeit und Prävention zu einer solchen Entwicklung. Diese zielen darauf ab, organisierte kriminelle Strukturen frühzeitig zu erkennen und zu zerschlagen. Die Entwicklung zu fluiden, mobilen Gruppen ist damit ebenfalls eine Folgereaktion auf die effizienteren Sicherheitsstrategien.

Anpassung der Strategien im Bereich der Prävention

Diese Dynamik ist ein Spiegelbild der gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen. In einer vernetzten Welt, in der Informationen in Echtzeit fließen und soziale Bindungen zunehmend fluid und unverbindlicher werden, haben sich auch die Formen kriminellen Handelns gewandelt.

Die Flexibilität und Opportunität die diese Gruppen bieten, machen sie zu einer attraktiven Alternative gegenüber traditionellen Banden. Dies erfordert eine kontinuierliche Anpassung der Strategien im Bereich der Prävention.

Wichtig ist, dass wir selbst nicht in tradierten Denkmustern im Bereich der Kriminalität verhaftet bleiben. Wir sollten und müssen daher kontinuierlich neue Ansätze entwickeln, die digitale Medien einbeziehen, gezielt auf Online-Risiken eingehen und junge Menschen dort erreichen, wo sie sich tatsächlich aufhalten – in sozialen Netzwerken, Gaming-Plattformen und digitalen Communities.

Der Verein NEUSTART beschäftigt sich laufend mit den Herausforderungen, um weiterhin eine effektive Kriminalitätsprävention erreichen zu können.

Über die/den Autor:in

Leiter von NEUSTART Niederösterreich und Burgenland seit 2017. Zuvor Abteilungsleiter und Sozialarbeiter, im Schwerpunkt tätig in der Bewährungshilfe, Haftentlassenenhilfe und Anti-Gewalt-Training.
Nebenberuflicher Lektor an der der FH St. Pölten für „Devianz und Strafrecht“. Referent für Gewaltarbeit und (De-)Radikalisierung.
Vor NEUSTART als Flüchtlingsberater, Outplacer und Schulsozialarbeiter beschäftigt.

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