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Erst denken, dann senden

Mit dem seit 1. Jänner 2024 österreichweit angebotenen sexual- und sozialpädagogischen Programm „sicher.net § 207a“ reagiert NEUSTART auf die Strafverschärfung für Kindesmissbrauchsdarstellungen. Denn unter Jugendlichen ist „Sexting“ ein Trend – pädophile Sexualstraftäter:innen sind sie deshalb nicht.

Herbert Janusch, Elvir Kujovic und Kerstin Memisevic (v.l.n.r.) haben das Konzept für sicher.net §207a mitentwickelt.

Anlass für diese Gesetzesänderung war nicht zuletzt der medial viel beachtete „Fall Teichtmeister“. Die Verschärfung des § 207a StGB per 1. Dezember 2023 hatte das Ziel, Kinder und Jugendliche besser vor erwachsenen pädophilen Sexualstraftäter:innen zu schützen und Kindesmissbrauchsdarstellungen im Internet den Kampf anzusagen. Allerdings: Rund die Hälfte aller Tatverdächtigen nach § 207a StGB ist selbst minderjährig. Das Verschicken von selbst produzierten Bildern und Videos im sexuellen Kontext ist unter jungen Menschen mittlerweile weit verbreitet.

Medien- und Pornografiekompetenz

Schon lange vor Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den einstigen Burgschauspieler Florian Teichtmeister gab es im Zentralbereich Sozialarbeit von NEUSTART bereits Überlegungen zu einem pädagogischen Programm für Jugendliche, die mit dem Tatvorwurf konfrontiert sind, Kindesmissbrauchs­material herzustellen oder zu verbreiten, aber keine Sexualstraftäter:innen im eigentlichen Sinn oder Pädokriminelle sind. „Das Versenden von Bildern durch Jugendliche ist ein anderes Thema als das von ,klassischen‘ Sexualstraftätern, die oft abweichende sexuelle Präferenzen haben. Es muss mehr um Medien- und Pornografiekompetenz gehen“, sagt Herbert Janusch, Abteilungsleiter bei NEUSTART Leoben. Er hat gemeinsam mit dem Zentralbereich Sozialarbeit und zwei weiteren steirischen Kolleg:innen sowie dem Leiter der Staatsanwaltschaft Leoben Thomas Mühlbacher  ein Konzept für ein solches Programm entwickelt.

Intensive Auseinandersetzung

Das Programm sicher.net § 207a kommt immer dann zur Anwendung, wenn Jugendliche mit eben diesem Delikt zur Bewährungshilfe bei NEUSTART zugewiesen werden. Ziel ist, dass es auch zu mehr Zuweisungen im Rahmen einer diversionellen Probezeit kommt, also auch ohne einer Verurteilung. Damit können negative Folgewirkungen, die eine Verurteilung für junge Menschen nach sich zieht, vermieden werden. „Innerhalb von sechs Monaten setzen sich die Teilnehmer:innen intensiv mit ihrer Tat, den Motiven und den Auswirkungen auf die Opfer auseinander“, erklärt Elvir Kujovic von NEUSTART Obersteiermark, der sicher.net § 207a mitentwickelt hat. Sie werden über den rechtlichen Rahmen aufgeklärt, es finden Medienkompetenztrainings statt und es wird Wissen über Missbrauchsdarstellungen und Pornografie vermittelt. „Mit diesem Wissen lassen sich Wiederholungstaten vermeiden“, so Kujovic.

Über die/den Autor:in
Maria Renner

Maria Renner ist seit 2022 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins und ist Ansprechpartnerin für sämtliche NEUSTART Publikationen, unter anderem unseren Jahresbericht „Report“.

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