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Ausgleichende Gerechtigkeit

„Wenn jemand gestritten hat, wollte ich immer ausgleichen. Die Frage nach Gerechtigkeit, hat mich schon als Schüler interessiert.“

Roland Miklau

Nach mehr als zehn Jahren im Aufsichtsrat kandidiert Roland Miklau für keine weitere Periode.

Wer ist der Mann, der NEUSTART und die Legistik in unserem Land prägte?

Inmitten von Weinbergen liegt Wiens kleinste Schule. Vor mehr als 75 Jahren lernte Roland Miklau – Jahrgang 1941 – dort Rechnen und Schreiben. „Ich bin der erste Jurist in meiner Familie“, sagt er. „Wenn jemand gestritten hat, wollte ich immer ausgleichen. Die Frage nach Gerechtigkeit, hat mich schon als Schüler interessiert.“ Wie eine Gesellschaft auf Normüberschreitungen reagieren soll, beschäftigt Miklau nach einem langen und erfüllten Berufsleben nach wie vor. „Rechtspolitik hat mich immer mehr fasziniert, als die reine Juristerei“, sagt er lächelnd. „Das ist bis heute so.“

Roland Miklau hat eine Bilderbuchkarriere hinter sich.

Eine Karriere, in der er das Recht auch mitgestalten konnte. Nach dem Jus-Studium in Wien, studierte er Politikwissenschaften in den USA, machte die Ausbildung zum Richter und begann 1970 als Referent in der Sektion Straflegislative im Justizministerium. 1974 wurde er Abteilungsleiter, 1987 Sektionsleiter.

„Ich hatte immer eine liberale Einstellung“, sagt Miklau. Die Strafrechtsreform der 1970er Jahre bezeichnet er als einen Meilenstein. „Besonders wichtig war das Zurückdrängen der Freiheitsstrafen“, sagt er.

„In den 60er Jahren gab es 100.000 Freiheitsstrafen pro Jahr. Oft wurden kurze Haftstrafen ausgesprochen – das war mit der Reform endlich aus der Welt.“ Dass damit das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht war, war dem aufstrebenden Beamten klar.

„Das Strafrecht ist mir auch in den 80er Jahren noch sehr starr erschienen“, erinnert sich Miklau. „Lösung und Ausgleich kamen mir zu kurz.“

Folglich waren ihm der Tatausgleich und später andere Mittel der Diversion wichtige Anliegen. Miklau ist überzeugt davon, dass Sozialarbeit einen wichtigen Beitrag zur Lösung von Konflikten einnimmt. 2012 – sechs Jahre nach seiner Pensionierung – wurde er in den Aufsichtsrat von NEUSTART gewählt, dem er bis 2020 vorsaß und aus dem er jetzt ausscheidet. Das Thema Recht und Gerechtigkeit beschäftigt ihn noch heute. Gefragt nach seinem Wunsch für die Zukunft überlegt er kurz und sagt:

„Wenn wir als Gesellschaft irgendwann nur mehr gelingende Prävention machen, brauchen wir kein Strafrecht mehr. Das ist nicht realistisch, sondern eine Utopie.“ Lächelt und fügt hinzu:

„Aber eine schöne.“

Über die/den Autor:in
Thomas Marecek

Thomas Marecek leitet die Kommunikation bei NEUSTART

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