Bitte stell dich kurz vor.
Mein Name ist Jwan Haji, ich bin 39 Jahre alt und lebe in Salzburg.
In welcher NEUSTART Einrichtung und welchem Bereich arbeitest Du?
Bei NEUSTART Salzburg in der Bewährungshilfe und der Vermittlung gemeinnütziger Leistungen. Außerdem bin ich im Projektteam des „Buddy-Projekts“, wo wir gerade eine neue Form des freiwilligen Engagements erproben.
Warum hast du dich für NEUSTART als Arbeitgeber entschieden?
Naja, das Thema hat mich schon während meiner Ausbildung beschäftigt. Ich war seit 2017 amtlicher Dolmetscher für Arabisch und Kurdisch für Institutionen wie die Polizei und das BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl). Dabei kam ich auch mit straffällig gewordenen Menschen und somit auch mit NEUSTART in Berührung. Ich habe dann Soziale Arbeit studiert und mich schon während des Studiums, von 2019 bis 2022, ehrenamtlich im Verein engagiert. Ich fand diese drei Jahre Ehrenamt schon sehr interessant und spannend. 2022 bin ich schließlich als Hauptamtlicher eingestiegen.
Was waren deine vorherigen beruflichen Stationen?
Wie gesagt, war ich einige Zeit lang als Dolmetscher tätig. Außerdem war ich von 2015 bis 2018 Flüchtlingsbetreuer und zehn Monate lang als Streetworker und parallel bei „Rettet das Kind“ in Salzburg tätig und arbeite nach wie vor stundenweise, teilweise auch nur telefonisch, ehrenamtlich bei der Caritas Bad Reichenhall mit.
Du hast bereits erwähnt, dass du Teil des Projektteams des NEUSTART „Buddy Projekts“ bist, wo ihr eine neue Möglichkeit des freiwilligen Engagements entwickelt. Was hat es damit auf sich und was macht ein „Buddy“ eigentlich?
Die Buddies sollen unsere Bewährungshelfer:innen bei der kulturellen Vermittlung an Klient:innen mit Migrationshintergrund unterstützen, sie bei Behördengängen begleiten, ihnen eine bessere gesellschaftliche Teilhabe und ein straffreies Leben ermöglichen. Dafür müssen sie sich an ein paar Terminen im Monat Zeit nehmen und bereit sein, an unseren Teamsitzungen und bei Einschulungsterminen teilzunehmen. Der individuelle Aufwand richtet sich dann in der Praxis an den Bedürfnissen der Klient:innen und den Ressourcen der Buddies.
Warum ist dir persönlich dieses Projekt so wichtig?
Weil ich selbst eine Person mit Migrationshintergrund bin. Ich komme ursprünglich aus Syrien und verstehe, wovon meine Klient:innen reden. Es gibt Dinge und Themen, die man sich einfach nicht mit Österreicher:innen besprechen traut. Es hilft sehr, dass ich ihre Erfahrungen ein Stück weit teile und mich entsprechend in sie hineinversetzen kann.
Sucht ihr dafür noch Teilnehmer:innen? Welche Voraussetzungen und Fähigkeiten sollten die Buddies mitbringen?
Ja, wir freuen uns nach wie vor sehr über Bewerbungen von Buddies. Sie müssen ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben und legal hier leben, gute deutsch- und muttersprachliche Kenntnisse haben und einen einwandfreien Leumund. Außerdem ist das Mindestalter 24 Jahre. Buddies müssen die Bereitschaft mitbringen, an unseren monatlichen Teamsitzungen und den notwendigen Einschulungen am Anfang teilzunehmen und ihre Tätigkeit für NEUSTART zu dokumentieren.
Was sind die nächsten Schritte und wie geht es damit weiter, falls das Projekt erfolgreich ist?
Wir haben bereits vier Buddies gefunden, die ihre Einschulung inzwischen abgeschlossen haben. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan und dem Iran. Für sie geht es jetzt demnächst richtig los. Wenn die Projektphase erfolgreich abgeschlossen werden kann, möchten wir das Projekt 2024 österreichweit ausrollen. Derzeit hoffen wir, dass wir noch mehr Buddies finden.
Was gefällt dir an deiner Arbeit am besten?
Also… die Arbeit mit vielen unterschiedlichen Menschen und das Kennenlernen verschiedener Lebenswelten. Die flexible und selbstständige Zeiteinteilung und unser spannendes Aus- und Weiterbildungsangebot – das ist bei NEUSTART nämlich wirklich sehr, sehr interessant!
Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?
Wenn Klient:innen unsere Unterstützung nicht oder nur wenig annehmen. Sie sich also nicht oder kaum unterstützen lassen wollen. Gerade in der Bewährungshilfe ist aber auch schwierig, wenn wir unsere Rolle gar nicht so wahrnehmen können, wie wir das eigentlich sollten – nicht wegen der Klient:innen, sondern aufgrund der Rahmenbedingungen. Zum Beispiel habe ich derzeit zwei Klient:innen, die keinen legalen Aufenthaltstitel haben, also keinen Anspruch auf soziale Unterstützung – auf Krankenversicherungen und Leistungen des Arbeitsmarktservices. Diese Menschen „hängen in der Luft“, solange ihr Aufenthalt nicht anerkannt ist.
Wo hast du gesehen, dass deine Arbeit etwas bewirkt?
In erster Linie wenn meine Klient:innen nicht rückfällig werden und zweitens, wenn sie erreichbar sind. Wenn sie pünktlich und zuverlässig ihre Termine wahrnehmen, ist das schon ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job?
Also ich versuche, die Arbeit in der Arbeit zu lassen. Sie nicht nach Hause „mitzunehmen“ und privat auch nicht darüber zu reden. Das gelingt mir nicht immer aber ich versuche es. Außerdem mache ich viel Sport und verbringe so viel Zeit wie möglich mit den Kindern, mit meiner Familie. Ich würde auch gerne wieder mehr lesen, aber im Moment komme ich leider kaum dazu.
Gibt es sonst noch etwas, das du mit deinen Kolleg:innen teilen möchtest?
Ich fühle mich in der Arbeit, in meinem Team, sehr wohl. Danke an alle Kolleg:innen, dass sie immer ein offenes Ohr für meine Anliegen hatten und immer noch haben. Es ist großartig, Teil dieses Teams zu sein!