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Missbrauchsdarstellungen: Gesetzesentwurf unausgegoren

Am 12. Mai endet die Begutachtungsfrist für einen Gesetzesentwurf zum „Maßnahmenpaket gegen Kindesmissbrauch“. Der Verein NEUSTART fordert eine Ausweitung von Alterstoleranzklauseln, um Jugendliche nicht zu kriminalisieren.

Wien (NEUSTART) – „Wir begrüßen Maßnahmen zum Schutz von Kindern“, sagt Christoph Koss, Geschäftsführer des Vereins NEUSTART. „Allerdings treffen Verschärfungen im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht nur pädophile Sexualstraftäter:innen, sondern kriminalisieren auch Kinder und Jugendliche selbst. Das sollte noch repariert werden.“

Der Gesetzesentwurf enthält insbesondere Verschärfungen in § 207a StGB. Der Verein NEUSTART kritisiert, dass teilweise schon bisher die Herstellung und der Besitz von Darstellungen zwischen Sexualpartner:innen, deren Sexualverkehr legal ist, mit Strafe bedroht wird. Dadurch werden Jugendliche kriminalisiert. Durch den vorliegenden Gesetzesentwurf würden nicht nur Strafdrohungen (auch gegen Jugendliche) erhöht werden, sondern es würde außerdem der Bereich, in dem bildliche Darstellungen innerhalb einer legalen Sexualbeziehung strafbar sind, ausgeweitet werden. NEUSTART fordert an Stelle geplanter Einschränkungen eine Ausweitung von Alterstoleranzklauseln.

Seit dem Aufkommen von Messenger Diensten ist nämlich unter Jugendlichen das
Verschicken von pornographischen Inhalten stark angestiegen. Häufig handelt es sich dabei um selbst produzierte Bilder und Videos. Dass diese Kinder und Jugendlichen durch Besitz und Verschicken dieser Dateien selbst gegen das Gesetz verstoßen, ist ihnen oft nicht bewusst. Das führt dazu, dass von den insgesamt 2.147 im Jahr 2021 ermittelten Tatverdächtigen nach § 207a StGB die Hälfte (1.073) selbst minderjährig war. Der Anteil der tatverdächtigen Kinder – also Buben und Mädchen unter 14 – ist mit 408 sogar größer als jener der über 40-jährigen mit 375.

Diese Kinder und Jugendlichen sind keine pädophilen Sexualstraftäter:innen und das Strafrecht hat nicht die passenden Antworten für sie parat. „Diese jungen Menschen brauchen sozialpädagogische und im Einzelfall therapeutische Angebote“, sagt Koss. „Besonders wichtig ist die Schulung von Medienkompetenz. Mit Strafverschärfungen wird man dieses Problem in den Kinder- und Jugendzimmern nicht lösen können.“

Derartige Strafverschärfungen sind allerdings Teil des Gesetzesentwurfes. Zwei Beispiele: Wenn eine 13-jährige und eine 14-jährige Person miteinander einvernehmlichen Geschlechtsverkehr haben, ist das nicht strafbar. Wenn die 13-jährige der 14-jährigen Person ein explizites Bild von sich überlässt, dann macht sich die 14-jährige Person wegen des Besitzes strafbar. War das bisher mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedroht, wird die Strafdrohung im Gesetzesentwurf auf 18 Monate erhöht. Zweites Beispiel: Der einvernehmliche Geschlechtsverkehr zwischen einer 17-jährigen und einer 23-jährigen Person ist nicht strafbar. Besitzt die 23-jährige Person ein explizites Bild der jüngeren Person, so ist das derzeit nicht strafbar, soll aber nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf künftig strafbar werden.

„Diese Abbildungen sind kein Kindesmissbrauchsmaterial. Deshalb fordern wir, dass in allen Konstellationen, in denen sexuelle Handlungen erlaubt sind, auch Bildmaterial hergestellt und besessen werden darf – solange dies im Einvernehmen passiert“, sagt Koss. „Ansonsten würden Jugendliche mit dem Sexualstrafrecht in Konflikt kommen. Und das kann nicht das Ziel des Gesetzesentwurfs sein.“

Die ausführliche Stellungname finden Sie hier.

 

 

Über NEUSTART
Seit 1957 arbeitet NEUSTART in den Bereichen Straffälligenhilfe (Bewährungshilfe, Haftentlassenenhilfe), Opferhilfe und Prävention. Der Verein bietet Einzelnen und der Gesellschaft Hilfen und Lösungen zur Bewältigung von Konflikten und zum Schutz vor Kriminalität an. NEUSTART beschäftigt 650 haupt- und rund 1.000 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit zählt NEUSTART zu einer der größten Non-Profit-Organisationen in Österreich. www.neustart.at

Rückfragen & Kontakt:
Verein NEUSTART
Thomas Marecek
Pressesprecher
Mobil: 0676/84 73 31 127
thomas.marecek@neustart.at

Über die/den Autor:in

Thomas Marecek leitet die Kommunikation bei NEUSTART

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