Suche
Close this search box.

#TeamNEUSTART: Michael Schmeikal

Michael Schmeikal kennt manche seiner Bewährungshilfe Klient:innen schon von seinem Hauptberuf – er leitet die offene Jugendarbeit der Marktgemeinde Grödig. Das Ehrenamt und sein Hauptberuf ergänzen sich perfekt…

Bitte stell dich kurz vor. In welcher Region und seit wann engagierst du dich als ehrenamtlicher Bewährungshelfer?
Ich bin Michael Schmeikal, 61 Jahre jung und seit circa zwölf Jahren in Salzburg und Umgebung im Ehrenamt als Bewährungshelfer tätig.

Warum hast du dich für dieses Ehrenamt entschieden? Was gefällt dir daran am besten?
Es bietet die Möglichkeit, ganz andere Lebenswelten kennen zu lernen. Oft muss ich aus meiner Perspektive „aussteigen“ und versuchen, die meiner Klient:innen anzunehmen, um in einen Dialog zu kommen. Im Zuge der Bewährungshilfe lerne ich Institutionen der Soziallandschaft Salzburgs kennen, sehe wie sie ticken und welche Hilfestellungen sie anbieten können. Am besten gefällt mir, wenn sich – trotz sehr unterschiedlicher Sozialisierung – ein Gespräch auf Augenhöhe ergibt, in dem die:der Klient:in und ich als Bewährungshelfer zu einer gemeinsamen Entscheidung kommen.

Und was machst du hauptberuflich?
Ich bin Leiter der offenen Jugendarbeit in der Marktgemeinde Grödig.

Wie ergänzen sich dein Ehrenamt und Hauptberuf gegenseitig? Profitiert das eine vielleicht sogar vom anderen?
Ganz klar profitiere ich im Rahmen der offenen Jugendarbeit von der Vernetzung mit vielen Institutionen, die mit straffälligen Jugendlichen oder jungen Erwachsenen zu tun haben. Es gibt auch Klient:innen aus der Gemeinde, die ich betreue und wo schon ein Naheverhältnis über die Jugendarbeit besteht.

Was sagt dein Umfeld dazu, dass du ehrenamtlicher Bewährungshelfer bist? Welche Rückmeldungen bekommst du, wenn du davon erzählst?
Manche Freund:innen sagen, dass sie sich die ehrenamtliche Bewährungshilfe nur schwer vorstellen können, finden das Thema aber spannend und würden gerne Details wissen, die ich aus Vertraulichkeitsgründen nicht weitergegeben kann. Manche sind daran interessiert, wie ein:e Richter:in zu ihren:seinen Urteilen kommt. Und natürlich gibt es über Straffälle, die in den Medien sind – zum Beispiel weil Poltiker:innen involviert sind – oft eine rege Diskussion, wo ich sozusagen der Experte sein soll, der ich in vielen Fällen aber natürlich nicht bin.

Wie viele Klient:innen begleitest du derzeit?
Derzeit sind es vier.

Gibt es Klient:innen-Typen mit denen du besonders gerne und konstruktiv arbeitest? Also liegen dir bestimmte demografische Gruppen oder Delikt-Arten mehr als andere?
Ich arbeite hauptsächlich mit Jugendlichen und jungen Erwachsen bis ungefähr 35 Jahren. Drogendelikte, Gewalt, Diebstahl – ich mag es vielfältig und immer in Abstimmung mit der Teamleitung.

Gibt es so etwas wie eine typische Betreuungssituation? Wie laufen die Termine mit deinen Klient:innen ab?
Ich bin im Laufe der Zeit dazu übergegangen, Termine in der NEUSTART Einrichtung anzubieten, weil das für manche meiner Klient:innen verbindlicher ist. Wir treffen uns aber auch im Café oder bei McDonalds. Manchmal helfe ich auch beim Umzug oder unternehme Wanderungen mit Klient:innen. Das ist ganz individuell. Im Vordergrund steht die aktuelle Lebenssituation: Braucht die:der Klient:in Unterstützung oder regelt sie:er Dinge selbst? Gibt es Weisungen, die noch erfüllt werden müssen? Die Wohn- und Arbeitssituation sind natürlich immer Thema, aber auch das soziale Umfeld und wie die:der Klient:in mit der Tat umgeht. Die Deliktverarbeitung steht dann eine Zeit lang im Vordergrund, die Reflexion wie es zur Tat gekommen ist und wo sie:er hätte aussteigen können. Strategien für den Umgang mit Aggression oder Drogenkonsum werden besprochen, damit sie:er sich selbst und Anderen keinen Schaden zufügt.

Was sind die größten Herausforderungen in der Arbeit mit Straffälligen?
Meine größte Herausforderung war zu Beginn, dass ich Klient:innen einmal so annehme wie sie sind. Nicht naiv oder mit Helfersyndrom. Rational in Lebenswelten einzutauchen, die mir oft unglaublich fremd sind. Ich muss sie nicht akzeptieren oder verstehen aber ich muss sie wahrnehmen und lösungsorientiert damit arbeiten. Eine weitere Herausforderung ist, dass die kognitiven Fähigkeiten einiger Klient:innen nicht den Anforderungen der komplexen, gegenwärtigen Leistungsgesellschaft gewachsen sind und sie wie Kinder durch diese Anforderungen stolpern.

Woran merkst du ganz konkret, dass deine ehrenamtliche Arbeit etwas bewirkt?
Konkret wenn mein:e Klient:in nicht Rückfällig wird, aber auch wenn sie:er eine Lehre abschließt oder eine verlängerte Lehre beginnt. Wenn sie:er mit mir zum Jugendchoaching geht, ein Hochgefühl hat, wenn sie:er die Lehrabschlussprüfung schafft, eine Wohnung findet und vor der Obdachlosigkeit gerettet ist oder mit dem Kiffen aufhört und mit seiner:m Freund:in zusammenzieht.

Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job und Ehrenamt? Was machst du in deiner Freizeit?
Ich gehe Wandern, spiele Handpan und bin seit einem Jahr Opa. Die Familie, meine tollen Freunde und vor allem meine Töchter, die auch im Sozialbereich arbeiten, schaffen die nötige Distanz zu meinem Beruf und Ehrenamt.

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

Mehr von mir lesen >>