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#TeamNEUSTART: Fabian Böhler

Der ehemalige Detektiv Fabian Böhler wollte auf gar keinen Fall mit Straffälligen arbeiten, doch ein Praktikum bei NEUSTART hat alles geändert…

Bitte stell dich kurz vor. In welcher Region und seit wann engagierst du dich als ehrenamtlicher Bewährungshelfer?
Ich heiße Fabian Böhler, bin 27 Jahre alt und wohne in Bregenz. Ich bin seit Mai/Juni 2021 Ehrenamtlicher bei NEUSTART Vorarlberg.

Warum hast du dich für dieses Ehrenamt entschieden? Was gefällt dir daran am besten?
Also da muss ich jetzt ein bisschen ausholen (lacht). Ich studiere berufsbegleitend Soziale Arbeit und musste im Rahmen des Studiums ein 100-Stunden-Praktikum absolvieren… hauptberuflich war ich damals Detektiv und hatte als solcher viel mit Straffälligen – und auch mit Süchtigen – zu tun… deshalb wollte ich gar nicht, absolut nicht, mit Straffälligen arbeiten. Ich habe dann meinen Dozenten gefragt, was er mir empfiehlt und er hat mich gefragt: „Was willst du gar nicht machen?“ und mir den Rat gegeben, genau das zu tun. Das habe ich dann auch tatsächlich gemacht und mich während des Praktikums richtig in NEUSTART „verliebt“. Es war einfach extrem super. Mir hat wirklich alles getaugt, besonders die Menschen. Die Sozialarbeiterinnen haben mich überallhin mitgenommen, das war zwar oft herausfordernd aber immer spannend.

Und was machst du hauptberuflich?
Ich bin derzeit im fünften Semester und werde mein Studium bald abschließen. Nebenbei bin ich hauptberuflich im Kolpinghaus, einer Obdachloseneinrichtung, tätig.

Wie ergänzen sich dein Ehrenamt und Hauptberuf gegenseitig? Profitiert das eine vielleicht sogar vom anderen?
Absolut. Das Ehrenamt ist das Beste, was mir passieren konnte. Hier kann ich die Theorie aus dem Studium unmittelbar umsetzen. NEUSTART war mein erster Berührungspunkt mit Klient:innen in der Praxis. Das harmoniert perfekt mit dem Studium und mit meinem Hauptberuf. Ich kann – umgekehrt – auch die Erfahrung aus der Bewährungshilfe immer wieder im Studium, zum Beispiel bei Rollenspielen, einbringen. Das Kolpinghaus ist sogar ein Kooperationspartner von NEUSTART. Da gibt es regelmäßig Berührungspunkte, weil hier auch einige Klient:innen wohnen. Außerdem ist es immer wieder ein Vorteil in Teamsitzungen, weil ich hier Einblick habe und einschätzen kann, ob ein:e Klient:in Aussicht auf einen Platz hat.

Was sagt dein Umfeld dazu, dass du ehrenamtlicher Bewährungshelfer bist? Welche Rückmeldungen bekommst du, wenn du davon erzählst?
Teils, teils… Ich bin in meinem erweiterten Familien- und Freundeskreis der einzige Sozialarbeiter, deshalb war mein Umfeld am Anfang eher kritisch. Ich bekam dann von einer erfahrenen NEUSTART Kollegin ein paar sehr gute Ratschläge, wie ich unsere Arbeit erklären kann und inzwischen versteht mein Umfeld den Sinn für die Gesellschaft. Die Meisten sind der Bewährungshilfe gegenüber heute positiv eingestellt.

Wie viele Klient:innen begleitest du derzeit?
Vier männliche Klienten.

Gibt es Klient:innen-Typen mit denen du besonders gerne und konstruktiv arbeitest? Also liegen dir bestimmte demografische Gruppen oder Delikt-Arten mehr als andere?
Eigentlich gar nicht. Es ist eher Zufall, dass ich derzeit vier jüngere, männliche Gewaltstraftäter betreue. Sie sind zwischen 18 und 22 Jahren alt. Das passt für mich aber im Moment gut. Ich kann gut mit ihnen, bin aber wirklich offen für alle Klient:innen.

Gibt es so etwas wie eine typische Betreuungssituation? Wie laufen die Termine mit deinen Klient:innen ab?
Ich gestalte das immer ganz unterschiedlich und gehe auf jeden individuell ein. Am Anfang verlaufen die Gespräche noch eher gleich, das entwickelt sich dann erst im Lauf der Betreuung. Worauf ich immer Wert lege, ist, dass meine Klienten wissen, dass ich mich auch nicht von ihnen abwende, wenn sie wieder „Blödsinn“ gemacht haben. Ich begleite sie und lasse sie nicht im Stich. Diese Sicherheit, dieser Beziehungsaufbau, ist ganz wichtig. Wir treffen uns normalerweise draußen, an wenig frequentierten Orten, damit ihre Privatsphäre gewahrt bleibt. Das geht bei uns in Bregenz zum Glück gut. Wir gehen in den Wald, in die Natur, … Wenn etwas Schriftliches zu erledigen ist, zum Beispiel Anträge oder Bewerbungen, treffen wir uns aber schon im Büro.

Was sind die größten Herausforderungen in der Arbeit mit Straffälligen?
Die Vielfalt. Bei NEUSTART muss man sich eigentlich mit allen Aspekten der Sozialarbeit gut auskennen. Das macht es aber auch so spannend. Im Kolpinghaus brauchen wir zwar auch viel unterschiedliches Wissen, bei NEUSTART ist es aber noch einmal breiter.

Woran merkst du ganz konkret, dass deine ehrenamtliche Arbeit etwas bewirkt?
Oft sind es nur ganz kleine Schritte und Verbesserungen, die man trotzdem anerkennen muss. Ich bin zum Beispiel stolz auf „meine Jungs“, wenn sie in Situationen, in denen sie früher straffällig geworden wären, richtig handeln. Wenn sie auf neue Handlungsmuster zurückgreifen, die wir gemeinsam erarbeitet haben. Aber auch, wenn sie sich trauen, mich anzurufen, wenn doch wieder „etwas passiert“ ist, wenn sie mir vertrauen.

 Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job und Ehrenamt? Was machst du in deiner Freizeit?
Ein guter Ausgleich ist für mich tatsächlich sehr wichtig – neben Studium, Hauptberuf und Ehrenamt, bleibt ja nur wenig Zeit. Für mich ist das absolut der Sport. Dafür nehme ich mir ganz bewusst Zeit und mache fünf- bis sechsmal die Woche Sport (Crossfit und Fitness) egal was ist… Wie gesagt, bin ich auch der einzige Sozialarbeiter in meinem Umfeld, im Freundes- und Familienkreis kann ich deshalb auch gut abschalten.

Gibt es sonst noch etwas, das du mit unseren Leser:innen teilen möchtest?
Die Arbeit bei NEUSTART ist eine Herausforderung. Es ist aber auch schön, wenn man sieht, was man damit erreicht. Es ist leicht, Vorurteile zu haben – sie abzubauen erfordert viel Mut. Es ist wichtig, sich selbst ein Bild zu machen und auf Leute zuzugehen, statt sie schlechtzureden.

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

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